FOOTBALL`S COMING HOME... UNSER GELIEBTER FUßBALL AUS DEN UNTEREN LIGEN


Berichte über unseren geliebten Amateur-Fußball aus dem Herzogtum Lauenburg, der Hansestadt Lübeck und der Verbandsliga Süd-Ost... und natürlich aus dem Mutterland des Fußballs...

Montag, 23. Februar 2009


Er schoss jetzt zwar mehr Tore denn je, merkte aber irgendwann, dass er an dem kritischen Punkt angelangt war, wo ohne einen gewissen Alkoholpegel gar nichts mehr lief. Also begann er, schon gleich nach dem Aufstehen heimlich zu trinken, und wie vielen Alkoholikern gelang es ihm, seine Sucht erstaunlich lange vor seiner Familie zu verheimlichen, unter anderem durch den alten Trick Errol Flynns, am laufenden Band Orangen zu futtern, die er allerdings zuvor mittels einer Spritze voll Wodka gepumpt hatte. Zwei Gründe gab es, die wahrscheinlich stark dazu beitrugen, dass Greaves suchtgefährdeter war als andere, aber diesen beiden tief in ihm verwurzelten Problemen sollte er sich erst lange nach seiner aktiven Zeit stellen. Da war zum einen der frühe Tod seines erstgeborenen Sohnes, der 1960 mit nur vier Monaten an einer Lungenkrankheit starb. Weil Ehefrau Irene in rascher Folge vier weitere Kinder zur Welt brachte und Jimmy eine Karrierestufe nach der anderen zündete, war das Leben so voller Action, dass er nie die innere Ruhe fand, diesen Schicksalsschlag angemessen zu verarbeiten.

Erst als er ganz unten angekommen war, wurde Greaves bewusst, dass er seit diesem Verlust ein zu Depressionen neigender Mensch war. Zum anderen fühlte sich der »Mann mit den Quecksilberfüßen«, der auf dem Spielfeld immer so lässig und manchmal sorglos wie ein Kind wirkte, in seinem Innersten schon von frühester Jugend an unruhig und angespannt, was kaum jemand ahnte. Da er in seinem Buch keine tiefenpsychologische Selbstanalyse betreibt, sondern nur seinen Lebensweg beschreibt, bleiben die Ursachen dafür offen. Aber die frühe Erfahrung, dass Alkohol die perfekte Krücke ist, diese innere Unruhe in den Griff zu bekommen, führte leicht nachvollziehbar dazu, dass er immer schneller immer mehr trank. Hinzu kam, dass Greaves alleine nicht viel mit sich anfangen konnte. Fußball war seine einzige Leidenschaft, darüber hinaus entwickelte er nie irgendwelche ernsthaften Interessen. Zu Hause fiel ihm schnell die Decke auf den Kopf. Jimmy war einer, der unter die Leute musste, und Pubs, in denen bekannte Fußballer hochwillkommen waren und meist auch freigehalten wurden, gab es in London wahrlich genug. Mühelos zählt er noch mehr als ein Jahrzehnt später die Namen von denen auf, die am Wegesrand lockten, wenn er vom Training nach Hause fahren wollte.

Die Voraussetzungen für den Fall ins Bodenlose waren gelegt, aber noch lagen die besten Jahre vor Jimmy Greaves. Dass sich die Tottenham Hotspurs bei der Rückholaktion aus Italien durchsetzten, war die wohl glücklichste Fügung in seiner gesamten Karriere, denn er kam in ein für ihn perfektes Team. Die »Superspurs« der frühen 60er Jahre sind völlig zu Recht eine Legende. Sie gewannen 1961 als erste Mannschaft des 20. Jahrhunderts das Double und 1962 erneut den FA Cup. 1963 holten sie den allerersten Europacup nach England, wobei sie im Finale Atletico Ma-drid mit 5?:?1 pulverisierten. Greaves steuerte zu diesem historischen Triumph zwei Treffer bei. Die damaligen Spurs hatten jede Menge Flair und spielten mit unbändigem Angriffsgeist. Kapitän Danny Blanch-flower, der pfeilschnelle Außenstürmer Cliffie Jones, der unverwüstliche Antreiber Dave Mackay, der Spielmacher John White oder der wuchtige Mittelstürmer Bobby Smith zählten damals zu den größten Stars der Liga. Und eben Jimmy Greaves, dem gleich in seinem ersten Spiel ein Hattrick gelang. Nur eine weitere Meisterschaft wollte partout nicht mehr gelingen, 1962 landete man auf Platz 3, ein Jahr später wurde die Spurs Vizemeister und 1964 noch einmal Dritter.