FOOTBALL`S COMING HOME... UNSER GELIEBTER FUßBALL AUS DEN UNTEREN LIGEN


Berichte über unseren geliebten Amateur-Fußball aus dem Herzogtum Lauenburg, der Hansestadt Lübeck und der Verbandsliga Süd-Ost... und natürlich aus dem Mutterland des Fußballs...

Montag, 11. Januar 2010


Tony Woodcock war Spieler, Stuart Astill Fan von Nottingham Forest – jenem Underdog, der 1979 sensationell den Europapokal der Landesmeister gewann. Hier öffnen sie erstmals ihr Logbuch eines legendären Jahres.


Stuart Astill: Ich komme aus einem kleinen Ort an einer Straße nach Nottingham. Ich habe mein ganzes Leben hier verbracht und wurde so auf ganz natürliche Weise Fan von Nottingham Forest. Deswegen war es für mich etwas ganz Besonderes, die großen Erfolge des Vereins Ende der siebziger Jahre zu erleben. Aber alles ging so schnell, dass mir gar keine Zeit blieb, das auch zu realisieren. Erst jetzt, 30 Jahre später, ist mir so richtig klar, was damals geschehen ist. Und mein Gott: Ich bin aufgeregter denn je. Wir waren 1977 nur durch die Hintertür aufgestiegen. Schon das erste Spiel in der ersten Liga, das wir 3:1 in Everton gewannen, war eine fantastische Leistung unserer Jungs. Und so ging es immer weiter, es war unglaublich, wie in einem Traum. Der ehemalige Arsenal-Torwart Bob Wilson arbeitete damals als Fernsehexperte bei der BBC und sagte: »Die Forest-Blase wird irgendwann platzen.« Aber es ist einfach nicht passiert. Es ging immer weiter, und am Ende waren wir Meister und spielten im Europacup! Und selbst da platze die Blase einfach nicht.


Ich war seinerzeit als Mechaniker in einer Lokomotivenfabrik tätig, und die ersten beiden Juliwochen waren eigentlich Urlaubszeit. Wenn man sich früh genug meldete, konnte man aber weiterarbeiten und dann während des restlichen Jahres frei nehmen, wann man wollte. Das tat ich dann auch und sagte: »Wir spielen international, und wo auch immer uns die Reise in der ersten Runde hinführt – ich komme mit!« Unser Geschäftsführer hörte die Auslosung im Radio. Er kam sofort zu mir in die Werkhalle und grinste übers ganze Gesicht: »Weißt du, wo du deine Ferien verbringen wirst? In New Brighton!« Er lachte sich schlapp. New Brighton ist ein Strandbad bei Liverpool. Von allen möglichen europäischen Mannschaften hatten wir für unser erstes Europapokalspiel seit dem Messecup 1967 ausgerechnet den Liverpool FC zugelost bekommen, der den Landesmeister-Pokal in den letzten beiden Jahren gewonnen hatte. Unser Geschäftsführer war sich, wie viele andere auch, sicher, dass wir keine Chance hätten und bei in unserer ersten Europacupsaison England nicht verlassen würden. So richtig überzeugt war selbst ich nicht. Und das will wirklich was heißen.



Tony Woodcock: Wir waren die Emporkömmlinge. Unsere Meisterschaft direkt nach dem Aufstieg hielten viele Experten für einen Lucky Punch. Der Liverpool FC war damals die beste Mannschaft in Europa. Schon in der ersten Runde des Europapokals auf diesen Giganten zu treffen, naja, das hatten wir uns nicht gerade gewünscht. Aber wir waren ein Haufen von echten Kumpels. Wir hielten zusammen und kämpften füreinander bis zum Umfallen. Einfach so liegen bleiben, das kam für uns nie in Frage. Unser Trainer Brian Clough führte uns das so vor Augen: »Stellt euch vor, eure ganze Familie sitzt vor dem Fernseher, und ihr macht da den sterbenden Schwan. Wollt ihr, dass eure Mamis sich für euch schämen?«


Clough war unser Anführer. Auf beiden Seiten herrschte großer Respekt. Mitunter brach er ihn auf seine ganz spezielle, ironische Weise: Dann küsste er seine Spieler. Einmal war es mir besonders peinlich. Ich spielte inzwischen für den Arsenal FC und musste gegen Nottingham antreten. Nach dem Spiel kam Clough in unsere Kabine – und küsste mich! Vor meinen Arsenal-Kollegen! Aber das war nur so ein Spleen. Die meiste Zeit war da dieser Respekt. Erst später, als ich meine Karriere schon beendet hatte, sagte er einmal zu mir: »Tony, früher war ich dein Trainer. Aber jetzt kann ich es dir ja sagen: Ich bin auch dein Freund.«