„Wahnsinn!“, „Unfassbar!“, „Sensationell!“. Treffender
könnte ein Fazit nicht formuliert werden. Wer sich nach einem 0:3-Rückstand auf
eine solche Art und Weise noch zurück kämpft und am Ende auch noch den
verdienten Sieg einstreicht, ja, für den kann im Finale kommen, wer will. Doch
warum eigentlich nicht der Reihe nach?
Eines vorweg: Der eine oder andere Leser sollte mir die
stellenweise fehlende Objektivität verzeihen. Ich bin Mitglied im Ratzeburger
Sportverein und gerade ins Finale eingezogen – sorry!
Ratzeburg zog durch Siege gegen Berkenthin (4:1),
Breitenfelde (1:0) und Steinhorst (6:0) ins Halbfinale ein. Unsere Gegner vom
BSSV schalteten zuvor Ziethen (6:3) und Siebenbäumen (8:1) aus. Letzteres
Ergebnis sorgte doch für reichlich Verwunderung und verleitete manch „Experten“
zum Augenreiben. Ein Blick auf die Büchener Aufstellung gegen GWS verriet, dass
jene Spieler der Ersten, die im Kreispokal noch im Urlaub weilten oder aus
anderen Gründen nicht spielten, legitimer Weise im Wanderschild der unteren
Teams eingesetzt wurden. So fanden sich beispielsweise Manuel Bollongino, Jan
Sievert, Philipp Tastekin, Hinnerk Nitsch oder Silvio Schuster in der Zweiten
wieder, deren Namen man eher mit der Liga-Mannschaft des BSSV in Verbindung
bringen würde.
Es war also klar, dass ein Vergleich zwischen dem BSSV II
in dieser Wanderschild-Saison gegenüber dem BSSV II aus der letzten Saison, als
der RSV II zwei Mal deutlich die Segel strich (3:6 und 1:4) nicht möglich war
und man sich auf einen vollkommen unbekannten Gegner einstellen musste. Die
Fühler einmal gen Siebenbäumen ausgestreckt, konnten jedoch einige wertvolle
Hinweise in Bezug auf Spielstil, Stärken, Schwächen und vor allem Mentalität
während des Spiels des Büchener Teams gesammelt werden.
Dennoch ging der Start ins Spiel durchweg gehörig in die
Hose. Zu ängstlich agierten die Domstädter gegen sofort präsente Gäste. Bereits
nach 12 Minuten geht der BSSV durch den emsigen Phil Ross nicht unverdient in
Führung. Nur sechs Minuten später ist Silvio Schuster zur Stelle, als er den
Ball zum 0:2 über die Linie bugsiert. Die Gastgeber fanden noch keinen Zugriff
auf den Gegner, der in der 29. Minute sogar auf 0:3 erhöht. Wieder war Stürmer
Phil Ross zur Stelle. Das Spiel schien bereits gelaufen, kaum einer der anwesenden
Zuschauer glaubte an ein Aufbäumen der Ratzeburger Spieler, die phasenweise wie
eine wehrlose Ente inmitten einer wolllüstigen Traube paarungsbereiter Erpel
wirkten (dieses Schauspiel kann man am Ratzeburger See des Öfteren bestaunen –
die armen Enten!). Doch zurück zum Spiel.
Bereits nach 42 Minuten musste RSV-Trainer Nico Gamon den
ersten Wechsel vollziehen. Finn Hofmann musste nach einem Zweikampf mit
Pferdekuss verletzt vom Platz und wurde durch Dominik von Malottki ersetzt. Jeder
wusste: wenn wir vor der Pause noch einen Lucky Punch setzen, keimt wieder
Hoffnung am Riemann. Und genau so kam es. Marc Schmidt setzt sich am Sechzehner
gegen BSSV-Keeper Hauke Hansen durch und schiebt quasi mit dem Pausenpfiff ein
zum Anschluss für die Ratzeburger.
In der Halbzeit wurde sich nochmal auf das Ziel besinnt.
Das Team unterschrieb vor der Partie, alles fürs Finale zu tun und für die
Mannschaft zu kämpfen, alles für sie zu geben. Wir nahmen uns vor, die ersten
fünf Minuten nach der Pause sicher zu stehen, und dann zeitig den
Anschlusstreffer zu erzielen. Genau so kam es auch. In der 52. Minute findet
sich der erneut unermüdlich kämpfende Lasse Kanz allein vor Hansen wieder und
schiebt ein – 2:3! Da geht noch was!
Nun war allerdings wieder Büchen am Zug. Statt das 3:3 zu
erzielen, gelingt den Gästen nur zwei Minuten später das 2:4 durch Lukas
Pfeiffer (54.). Aber auch das war kein Beinbruch, Büchen hatte längst seine
Schwächen offenbart und wir wussten, dass dieses Spiel noch lange nicht
verloren ist.
Das Spiel nahm an Fahrt auf, wurde hitziger. Die
anwesenden Zuschauer gingen mit, beide Lager trugen ihren Teil zu diesem
packenden Pokalfight bei. Die auf dem Kunstrasen trainierende Erste Herren des
RSV brach ihr Training kurzerhand ab, als das Spiel stetig an Spannung zunahm.
In dieser hitzigen Phase saßen die Karten des Schiedsrichters Frank Pufahl auch
ein wenig lockerer, sodass Büchen insgesamt sechs Mal und Ratzeburg drei Mal
Gelb sah. Zudem wurde BSSV-Coach Zafer Tastekin von Schiri Pufahl nach andauernden
Beschwerden der Anlage verwiesen. Hiernach ging bei der Gastmannschaft fast gar
nichts mehr, der RSV schnürte sie ein und drängte auf den erneuten
Anschlusstreffer. In der 75. Minute war es dann so weit. Dominik von Malottki
spielte einen Ball genau in die Schnittstelle zwischen den Innenverteidigern
durch, wo Carsten Gösch bereit stand und das 3:4 markierte. Riesenjubel am
Riemann, die Sensation schien langsam Form anzunehmen! Beim BSSV war dem
Anschein nach vollkommen die Luft raus, es gelang ihnen nicht, sich gegen die
aufbäumenden Löwen zu stemmen. So war es nur folgerichtig, dass der RSV immer
weiter auf das nächste Tor drückte. Trainer Gamon stellte um auf drei Spitzen
und brachte in diesem Zuge Maxi Weigelt für Timo Baumann in die Partie. Weigelt
wurde sofort ein ums andere Mal gefährlich und fügte sich prompt gut in die
Mannschaft ein. Bis zur Nachspielzeit wollte das Leder trotz zahlreicher
Chancen jedoch nicht über die Linie. In der dritten Minute der Nachspielzeit
passierte dennoch das Unfassbare: Maxi Weigelt schlägt eine Ecke von rechts mit
links in den Strafraum genau auf den Kopf von Johannes Olfen, der die Kugel an
Hansen vorbei in die Maschen wuchtet! Vier zu Vier! 93. Minute! Das war der
verdiente Lohn für einen unglaublich aufopferungsvollen Kampf einer eng
zusammenstehenden Mannschaft. Abpfiff! Verlängerung!
„Das lassen wir uns jetzt nicht mehr nehmen!“. Das war der
Tenor im Mannschaftskreis kurz vor Anpfiff der Verlängerung. Alle Spieler, auch
jene, die von vorn herein verletzt waren oder nicht spielten, alle versammelten
sich im Kreis, lauschten den motivierenden Appellen des Trainers, das Team
pushte sich ohne Unterlass und ging voll motiviert zurück auf den Rasen. Das
Momentum ist auf unserer Seite, den Gäste-Kickern merkte man die
Niedergeschlagenheit förmlich an, sie wirkten moralisch vollkommen geplättet
und schienen nicht mehr an sich selbst zu glauben.
Nach 97 Minuten Platzverweis (Rot) für Büchens Finn
Reinke, der an der Seitenlinie einen Zuschauer schubste.
In der 99. Minute dreht der RSV das Spiel vollends: Thomas
Schulz mit einem unglaublichen Solo über die rechte Seite, setzt sich im
Strafraum durch und legt quer auf bärenstarken Carsten Gösch, der zum 5:4
einnetzt. Erneut grenzenloser Jubel, dem einen oder anderen dürfte bereits
jetzt die eine oder andere Freudenträne über die Wange gelaufen sein. Ein an
Emotionalität und Intensität kaum zu überbietendes Spektakel, was sich den
anwesenden Zuschauern am Riemann darbot!
104. Minute: Der soeben noch erfolgreiche Gösch holt sich
nun seinen zweiten Gelben Karton ab und muss das Spielfeld verlassen.
113. Minute: Büchens Wirbelwind und zwemaliger Torschütze
Phil Ross fliegt mit Gelb-Rot vom Platz.
119. Minute Sebastian Kraak, Büchens Nummer 10, wird
ebenfalls mittels Ampelkarte zum Duschen geschickt.
Auch Büchen hatte noch eine riesige Chance zum Ausgleich
in der zweiten Halbzeit der Verlängerung. Das Spielgerät wurde jedoch in den
sich auftuenden Ratzeburger Nachthimmel geschossen. Alles andere prallt am
Innenverteidiger-Duo Pfeiffer / Awiszus ab. Sensationelles Spiel von beiden.
Ebenso unser Rückkehrer von der SG Roggendorf 96, Dominik von Malottki. Er
machte das wahrscheinlich beste Spiel seines Lebens.
120. Minute: Abpfiff! Finaleinzug! Nach unserer Ersten ist
also auch unsere Zweite für das Kreispokalfinale qualifiziert.
Mannschaftskreis, Ansage, Feierei, Bier, Gesang, Kabinenparty bis in die Nacht
hinein, Heiserkeit, Schlafen, Arbeiten gehen – unbezahlbar.
Fazit: Das Spiel ist mittlerweile vier
Tage her. Mit ein wenig Abstand betrachtet bleiben jedoch dieselben Gefühle.
Das sind die Spiele, wegen derer wie diesen Sport so unfassbar lieben, warum
wir dem Fußball als Kinder verfallen sind und uns ihm ein Leben lang hingeben. In
diesem Sport lernst du alles über das Leben! Wir stehen heute als Sieger da,
jedoch demütig, da wir genau wissen, dass uns dieses Schicksal genauso hätte
ereilen können. Es war mal wieder der Beweis: Der Pokal hat seine eigenen
Gesetze. Natürlich ausgelutscht, die Parole. Aber eben wahr. Fußball bedeutet
Mann gegen Mann und Fußballspiele werden häufig durch kleinste Kleinigkeiten
entschieden. Der entscheidende gewonnene Zweikampf im Mittelfeld, das gewonnene
Kopfballduell, das Loch im Rasen, wodurch der Ball zum Gegner oder eben zu dir
springt. Wir haben das viel zitierte „Glück des Tüchtigen“ heraufbeschworen! Es
war einfach unser Tag. Zumindest haben wir irgendwann während des Spiels in
unseren Köpfen unbewusst entschieden, dass dies unser Tag werden soll. Dass wir
uns hier nicht vor all den Zuschauern abschießen werden, dass wir eine
historische Chance haben, neben unserer Ersten auch ins Finale einzuziehen.
Und das haben wir geschafft! Das haben wir gemeinsam
geschafft. Weil wir es wollten. Der ganze Verein wollte es. Unbedingt und mit
aller Kraft. Darum standen Erste, Dritte und Alte Herren sowie Spielerinnen und
Spieler aus allen RSV-Altersklassen am Spielfeldrand, gingen mit, sorgten
dafür, dass wir uns nicht aufgaben, pushten uns. Die Zweite Herren sagt
geschlossen DANKE! Danke für eure Unterstützung – ihr habt einen großen Teil zu
diesem Sieg auf ganzer Linie beigetragen. Es zeigt, dass der Verein fest und
eng zusammensteht, vor allem, wenn es richtig um die Wurst geht! EIN VEREIN!
Auch die Gäste aus Büchen hatten reichlich Zuschauer
mitgebracht. Auch diese trugen ihren Teil zu diesem tollen Spiel bei, die Szene
BSSV gab dem Spiel mit dem Aufhängen einer riesigen blau-weißen Fahne am
Fangzaun hinter dem Tor einen würdigen Rahmen und muss hier auch mal positiv
erwähnt werden. Es ist schön zu sehen, wenn die Identifikation mit dem
Heimatverein so gelebt wird. Da können sich viele Vereine zwei, drei Scheiben
bei Euch abschneiden!
Doch auch ein negativer Aspekt sollte in diesem
Erlebnisbericht Erwähnung finden. Dass Schiedsrichter Frank Pufahl keinen guten
Tag erwischt hat, ist natürlich schade. Dass er ein so entscheidendes Spiel
alleine und ohne Gespann pfeifen MUSS, ist ärgerlich. Dafür trägt er aber
keinerlei Schuld! Und dass es schwer ist, eine Abseitsposition auf den
Zentimeter genau ohne Assistenten zu erkennen, weiß jeder, der im Entferntesten
mit Fußball zu tun hat. Im Übrigen: Meines Erachtens hat Frank Pufahl
keineswegs parteiisch gepfiffen. Sicherlich hatte er Situationen falsch
eingeschätzt. Dies jedoch auf beiden Seiten! Somit darf der Schiedsrichter
nicht als Ausrede für die Niederlage benutzt werden. Wie einige Büchener
bereits offen darstellten, hätten sie die hohe Führung nicht aus der Hand geben
dürfen. Daran trägt Frank Pufahl keine Schuld!
Schlimm finde ich, wie Pufahl von einigen wenigen
Anhängern des BSSV (möglicherweise war es auch immer derselbe) beschimpft und
bepöbelt wurde. Dabei bewundere ich, wie ruhig der Pufahl blieb. Ich kann nicht
sagen, wie ich reagieren würde, wenn ich beinahe pausenlos als „Wichser“,
„Fotze“ und „Mongo“ (auch wenn mir das Terrorisieren mit political correctness
fern liegt: Facepalm!) bezeichnet würde. Vor allem, wenn wenige Meter daneben
mein Kind steht und mir eigentlich nur beim Pfeifen zusehen wollte. Wenn dieses
Kind dann noch zu hören bekommt, wie seinem Vater in aggressivster Ablehnung
„deine Frau tut mir leid!“, entgegen gepöbelt wird, Sorry, dann fällt mir dazu
einfach nichts mehr ein...
Na klar ist Fußball von Emotionen geprägt. Aber man kann
sich auch mal einen Begriff davon machen, was eigenes Verhalten bei anderen
Menschen und vor allem Kindern auslösen kann. Dass auch Ratzeburger gepöbelt
haben, sowohl gegen Schiri als auch gegen Büchener Spieler, will ich nicht in
Abrede stellen. Ein Stück weit ist das ja auch vollkommen normal und auch in
Ordnung, wenn das ganze im Rahmen bleibt. Mich zumindest stört es als Spieler
nicht, wenn ich von den Zuschauern des anderen Vereins bepöbelt werde. Im
Gegenteil: Der nächste Zweikampf macht dann noch mal umso mehr Spaß. Gewisse
Grenzen sollten jedoch einfach nicht überschritten werden. Das gilt für
Spieler, wie für Trainer. Aber eben auch für Außenstehende Zuschauer. Der
Schiedsrichter ist die ärmste Sau und mich wundert nach diesem Spiel nicht
mehr, dass so viele Vereine ihr Soll nicht erfüllt bekommen. Ich hätte nach
diesem Spiel und dem zwei Minuten im Anschluss auftretenden Facebook-Shitstorm
die Schnauze voll.
Zum Schluss erlaube ich mir eine Belehrung an einige
Unwissende bei Facebook, die auf Grund ihrer Unzufriedenheit mit der
SR-Leistung vehement nach der Absetzung Pufahls als SR-Obmann geiferten: Um
Obmann zu sein, muss man nicht der beste Schiedsrichter im Kreis sein, sondern
seinen Laden im Griff haben! Es ist gewissermaßen eine (ehrenamtliche!)
Verwaltungstätigkeit!
Den RSV fighteten
ins Finale: 1
Abramowski – 2 Baumann (84. Weigelt), 4 Pfeiffer, 5 Awiszus, 12 Künnemann (120.
Zengin) – 8 Schulz, 6 Olfen, 11 Kanz, 7 Hofmann (42. v. Malottki) – 10 Schmidt,
9 Gösch.
Büchen: 1 Hansen – 2 Schumacher, 4 Thiele,
5 Drews, 3 Nitsch – 6 Schröder (68. Pernutz), 8 Pfeiffer (78. Martel) – 7
Schuster, 10 Kraak, 11 Tastekin (84. Reinke) – 9 Ross
Tore: 0:1 Ross (12.), 0:2 Schuster
(18.), 0:3 Ross (29.), 1:3 Schmidt (45.), 2:3 Kanz (52.), 2:4 Pfeiffer (54.),
3:4 Gösch (72.), 4:4 Olfen (90.+3), 5:4 Gösch (99.).
von Finn Hofmann (RSV)
Wie und wo sollen wir anfangen? Wir sind noch immer
geschockt wie das Spiel gegen den RSV endete. Aber nun gut. Wir wissen, dass es
weitergeht wie am Wochenende alle Mannschaften bewiesen. Nächstes Jahr wird im
Pokal wieder angegriffen! Vielleicht dann auch wieder mit einer Büchener
Mannschaft im Finale die dann Farbenfroh und bedingungslos Unterstützt wird.
Wir möchten uns beim Ratzeburger SV für die netten Worte
über unsere Banner und Fahnen bedanken. Wir sind aber auch ein wenig verwundert
über diese Worte da einige aus Büchen vor und nach dem Spiel genau wegen dieser
Banner nicht gerade nett empfangen wurden. Aber wie sagt man so schön. Man
sollte sich selbst an die eigene Nase fassen. Bedeutet, dass einige des
Büchener Anhangs wie du schon geschrieben hast stellenweise kein besseres oder
schlechteres Bild abgaben. Aber es ist nun mal passiert und wir können es nicht
mehr ändern. Wir sind der Meinung das man dieses Spiel jetzt abhaken sollte und
aus diesem Spiel alle drei Parteien gelernt haben sollten.
Abschließend möchten auch wir als SZENE BSSV dem RSV zum
Finaleinzug gratulieren und wir hoffen, dass ihr den Pokal jetzt auch nach
Hause holt! Viel Glück.
Mit Blau-Weißen Grüßen
SZENE BSSV