FOOTBALL`S COMING HOME... UNSER GELIEBTER FUßBALL AUS DEN UNTEREN LIGEN


Berichte über unseren geliebten Amateur-Fußball aus dem Herzogtum Lauenburg, der Hansestadt Lübeck und der Verbandsliga Süd-Ost... und natürlich aus dem Mutterland des Fußballs...

Dienstag, 11. August 2015

Wanderschild-Halbfinale




„Wahnsinn!“, „Unfassbar!“, „Sensationell!“. Treffender könnte ein Fazit nicht formuliert werden. Wer sich nach einem 0:3-Rückstand auf eine solche Art und Weise noch zurück kämpft und am Ende auch noch den verdienten Sieg einstreicht, ja, für den kann im Finale kommen, wer will. Doch warum eigentlich nicht der Reihe nach?

Eines vorweg: Der eine oder andere Leser sollte mir die stellenweise fehlende Objektivität verzeihen. Ich bin Mitglied im Ratzeburger Sportverein und gerade ins Finale eingezogen – sorry!

Ratzeburg zog durch Siege gegen Berkenthin (4:1), Breitenfelde (1:0) und Steinhorst (6:0) ins Halbfinale ein. Unsere Gegner vom BSSV schalteten zuvor Ziethen (6:3) und Siebenbäumen (8:1) aus. Letzteres Ergebnis sorgte doch für reichlich Verwunderung und verleitete manch „Experten“ zum Augenreiben. Ein Blick auf die Büchener Aufstellung gegen GWS verriet, dass jene Spieler der Ersten, die im Kreispokal noch im Urlaub weilten oder aus anderen Gründen nicht spielten, legitimer Weise im Wanderschild der unteren Teams eingesetzt wurden. So fanden sich beispielsweise Manuel Bollongino, Jan Sievert, Philipp Tastekin, Hinnerk Nitsch oder Silvio Schuster in der Zweiten wieder, deren Namen man eher mit der Liga-Mannschaft des BSSV in Verbindung bringen würde.
Es war also klar, dass ein Vergleich zwischen dem BSSV II in dieser Wanderschild-Saison gegenüber dem BSSV II aus der letzten Saison, als der RSV II zwei Mal deutlich die Segel strich (3:6 und 1:4) nicht möglich war und man sich auf einen vollkommen unbekannten Gegner einstellen musste. Die Fühler einmal gen Siebenbäumen ausgestreckt, konnten jedoch einige wertvolle Hinweise in Bezug auf Spielstil, Stärken, Schwächen und vor allem Mentalität während des Spiels des Büchener Teams gesammelt werden.

Dennoch ging der Start ins Spiel durchweg gehörig in die Hose. Zu ängstlich agierten die Domstädter gegen sofort präsente Gäste. Bereits nach 12 Minuten geht der BSSV durch den emsigen Phil Ross nicht unverdient in Führung. Nur sechs Minuten später ist Silvio Schuster zur Stelle, als er den Ball zum 0:2 über die Linie bugsiert. Die Gastgeber fanden noch keinen Zugriff auf den Gegner, der in der 29. Minute sogar auf 0:3 erhöht. Wieder war Stürmer Phil Ross zur Stelle. Das Spiel schien bereits gelaufen, kaum einer der anwesenden Zuschauer glaubte an ein Aufbäumen der Ratzeburger Spieler, die phasenweise wie eine wehrlose Ente inmitten einer wolllüstigen Traube paarungsbereiter Erpel wirkten (dieses Schauspiel kann man am Ratzeburger See des Öfteren bestaunen – die armen Enten!). Doch zurück zum Spiel.

Bereits nach 42 Minuten musste RSV-Trainer Nico Gamon den ersten Wechsel vollziehen. Finn Hofmann musste nach einem Zweikampf mit Pferdekuss verletzt vom Platz und wurde durch Dominik von Malottki ersetzt. Jeder wusste: wenn wir vor der Pause noch einen Lucky Punch setzen, keimt wieder Hoffnung am Riemann. Und genau so kam es. Marc Schmidt setzt sich am Sechzehner gegen BSSV-Keeper Hauke Hansen durch und schiebt quasi mit dem Pausenpfiff ein zum Anschluss für die Ratzeburger.

In der Halbzeit wurde sich nochmal auf das Ziel besinnt. Das Team unterschrieb vor der Partie, alles fürs Finale zu tun und für die Mannschaft zu kämpfen, alles für sie zu geben. Wir nahmen uns vor, die ersten fünf Minuten nach der Pause sicher zu stehen, und dann zeitig den Anschlusstreffer zu erzielen. Genau so kam es auch. In der 52. Minute findet sich der erneut unermüdlich kämpfende Lasse Kanz allein vor Hansen wieder und schiebt ein – 2:3! Da geht noch was!

Nun war allerdings wieder Büchen am Zug. Statt das 3:3 zu erzielen, gelingt den Gästen nur zwei Minuten später das 2:4 durch Lukas Pfeiffer (54.). Aber auch das war kein Beinbruch, Büchen hatte längst seine Schwächen offenbart und wir wussten, dass dieses Spiel noch lange nicht verloren ist.

Das Spiel nahm an Fahrt auf, wurde hitziger. Die anwesenden Zuschauer gingen mit, beide Lager trugen ihren Teil zu diesem packenden Pokalfight bei. Die auf dem Kunstrasen trainierende Erste Herren des RSV brach ihr Training kurzerhand ab, als das Spiel stetig an Spannung zunahm. In dieser hitzigen Phase saßen die Karten des Schiedsrichters Frank Pufahl auch ein wenig lockerer, sodass Büchen insgesamt sechs Mal und Ratzeburg drei Mal Gelb sah. Zudem wurde BSSV-Coach Zafer Tastekin von Schiri Pufahl nach andauernden Beschwerden der Anlage verwiesen. Hiernach ging bei der Gastmannschaft fast gar nichts mehr, der RSV schnürte sie ein und drängte auf den erneuten Anschlusstreffer. In der 75. Minute war es dann so weit. Dominik von Malottki spielte einen Ball genau in die Schnittstelle zwischen den Innenverteidigern durch, wo Carsten Gösch bereit stand und das 3:4 markierte. Riesenjubel am Riemann, die Sensation schien langsam Form anzunehmen! Beim BSSV war dem Anschein nach vollkommen die Luft raus, es gelang ihnen nicht, sich gegen die aufbäumenden Löwen zu stemmen. So war es nur folgerichtig, dass der RSV immer weiter auf das nächste Tor drückte. Trainer Gamon stellte um auf drei Spitzen und brachte in diesem Zuge Maxi Weigelt für Timo Baumann in die Partie. Weigelt wurde sofort ein ums andere Mal gefährlich und fügte sich prompt gut in die Mannschaft ein. Bis zur Nachspielzeit wollte das Leder trotz zahlreicher Chancen jedoch nicht über die Linie. In der dritten Minute der Nachspielzeit passierte dennoch das Unfassbare: Maxi Weigelt schlägt eine Ecke von rechts mit links in den Strafraum genau auf den Kopf von Johannes Olfen, der die Kugel an Hansen vorbei in die Maschen wuchtet! Vier zu Vier! 93. Minute! Das war der verdiente Lohn für einen unglaublich aufopferungsvollen Kampf einer eng zusammenstehenden Mannschaft. Abpfiff! Verlängerung!

„Das lassen wir uns jetzt nicht mehr nehmen!“. Das war der Tenor im Mannschaftskreis kurz vor Anpfiff der Verlängerung. Alle Spieler, auch jene, die von vorn herein verletzt waren oder nicht spielten, alle versammelten sich im Kreis, lauschten den motivierenden Appellen des Trainers, das Team pushte sich ohne Unterlass und ging voll motiviert zurück auf den Rasen. Das Momentum ist auf unserer Seite, den Gäste-Kickern merkte man die Niedergeschlagenheit förmlich an, sie wirkten moralisch vollkommen geplättet und schienen nicht mehr an sich selbst zu glauben.

Nach 97 Minuten Platzverweis (Rot) für Büchens Finn Reinke, der an der Seitenlinie einen Zuschauer schubste.

In der 99. Minute dreht der RSV das Spiel vollends: Thomas Schulz mit einem unglaublichen Solo über die rechte Seite, setzt sich im Strafraum durch und legt quer auf bärenstarken Carsten Gösch, der zum 5:4 einnetzt. Erneut grenzenloser Jubel, dem einen oder anderen dürfte bereits jetzt die eine oder andere Freudenträne über die Wange gelaufen sein. Ein an Emotionalität und Intensität kaum zu überbietendes Spektakel, was sich den anwesenden Zuschauern am Riemann darbot!

104. Minute: Der soeben noch erfolgreiche Gösch holt sich nun seinen zweiten Gelben Karton ab und muss das Spielfeld verlassen.

113. Minute: Büchens Wirbelwind und zwemaliger Torschütze Phil Ross fliegt mit Gelb-Rot vom Platz.

119. Minute Sebastian Kraak, Büchens Nummer 10, wird ebenfalls mittels Ampelkarte zum Duschen geschickt.

Auch Büchen hatte noch eine riesige Chance zum Ausgleich in der zweiten Halbzeit der Verlängerung. Das Spielgerät wurde jedoch in den sich auftuenden Ratzeburger Nachthimmel geschossen. Alles andere prallt am Innenverteidiger-Duo Pfeiffer / Awiszus ab. Sensationelles Spiel von beiden. Ebenso unser Rückkehrer von der SG Roggendorf 96, Dominik von Malottki. Er machte das wahrscheinlich beste Spiel seines Lebens.

120. Minute: Abpfiff! Finaleinzug! Nach unserer Ersten ist also auch unsere Zweite für das Kreispokalfinale qualifiziert. Mannschaftskreis, Ansage, Feierei, Bier, Gesang, Kabinenparty bis in die Nacht hinein, Heiserkeit, Schlafen, Arbeiten gehen – unbezahlbar.

Fazit: Das Spiel ist mittlerweile vier Tage her. Mit ein wenig Abstand betrachtet bleiben jedoch dieselben Gefühle. Das sind die Spiele, wegen derer wie diesen Sport so unfassbar lieben, warum wir dem Fußball als Kinder verfallen sind und uns ihm ein Leben lang hingeben. In diesem Sport lernst du alles über das Leben! Wir stehen heute als Sieger da, jedoch demütig, da wir genau wissen, dass uns dieses Schicksal genauso hätte ereilen können. Es war mal wieder der Beweis: Der Pokal hat seine eigenen Gesetze. Natürlich ausgelutscht, die Parole. Aber eben wahr. Fußball bedeutet Mann gegen Mann und Fußballspiele werden häufig durch kleinste Kleinigkeiten entschieden. Der entscheidende gewonnene Zweikampf im Mittelfeld, das gewonnene Kopfballduell, das Loch im Rasen, wodurch der Ball zum Gegner oder eben zu dir springt. Wir haben das viel zitierte „Glück des Tüchtigen“ heraufbeschworen! Es war einfach unser Tag. Zumindest haben wir irgendwann während des Spiels in unseren Köpfen unbewusst entschieden, dass dies unser Tag werden soll. Dass wir uns hier nicht vor all den Zuschauern abschießen werden, dass wir eine historische Chance haben, neben unserer Ersten auch ins Finale einzuziehen.

Und das haben wir geschafft! Das haben wir gemeinsam geschafft. Weil wir es wollten. Der ganze Verein wollte es. Unbedingt und mit aller Kraft. Darum standen Erste, Dritte und Alte Herren sowie Spielerinnen und Spieler aus allen RSV-Altersklassen am Spielfeldrand, gingen mit, sorgten dafür, dass wir uns nicht aufgaben, pushten uns. Die Zweite Herren sagt geschlossen DANKE! Danke für eure Unterstützung – ihr habt einen großen Teil zu diesem Sieg auf ganzer Linie beigetragen. Es zeigt, dass der Verein fest und eng zusammensteht, vor allem, wenn es richtig um die Wurst geht! EIN VEREIN!

Auch die Gäste aus Büchen hatten reichlich Zuschauer mitgebracht. Auch diese trugen ihren Teil zu diesem tollen Spiel bei, die Szene BSSV gab dem Spiel mit dem Aufhängen einer riesigen blau-weißen Fahne am Fangzaun hinter dem Tor einen würdigen Rahmen und muss hier auch mal positiv erwähnt werden. Es ist schön zu sehen, wenn die Identifikation mit dem Heimatverein so gelebt wird. Da können sich viele Vereine zwei, drei Scheiben bei Euch abschneiden!

Doch auch ein negativer Aspekt sollte in diesem Erlebnisbericht Erwähnung finden. Dass Schiedsrichter Frank Pufahl keinen guten Tag erwischt hat, ist natürlich schade. Dass er ein so entscheidendes Spiel alleine und ohne Gespann pfeifen MUSS, ist ärgerlich. Dafür trägt er aber keinerlei Schuld! Und dass es schwer ist, eine Abseitsposition auf den Zentimeter genau ohne Assistenten zu erkennen, weiß jeder, der im Entferntesten mit Fußball zu tun hat. Im Übrigen: Meines Erachtens hat Frank Pufahl keineswegs parteiisch gepfiffen. Sicherlich hatte er Situationen falsch eingeschätzt. Dies jedoch auf beiden Seiten! Somit darf der Schiedsrichter nicht als Ausrede für die Niederlage benutzt werden. Wie einige Büchener bereits offen darstellten, hätten sie die hohe Führung nicht aus der Hand geben dürfen. Daran trägt Frank Pufahl keine Schuld!

Schlimm finde ich, wie Pufahl von einigen wenigen Anhängern des BSSV (möglicherweise war es auch immer derselbe) beschimpft und bepöbelt wurde. Dabei bewundere ich, wie ruhig der Pufahl blieb. Ich kann nicht sagen, wie ich reagieren würde, wenn ich beinahe pausenlos als „Wichser“, „Fotze“ und „Mongo“ (auch wenn mir das Terrorisieren mit political correctness fern liegt: Facepalm!) bezeichnet würde. Vor allem, wenn wenige Meter daneben mein Kind steht und mir eigentlich nur beim Pfeifen zusehen wollte. Wenn dieses Kind dann noch zu hören bekommt, wie seinem Vater in aggressivster Ablehnung „deine Frau tut mir leid!“, entgegen gepöbelt wird, Sorry, dann fällt mir dazu einfach nichts mehr ein...

Na klar ist Fußball von Emotionen geprägt. Aber man kann sich auch mal einen Begriff davon machen, was eigenes Verhalten bei anderen Menschen und vor allem Kindern auslösen kann. Dass auch Ratzeburger gepöbelt haben, sowohl gegen Schiri als auch gegen Büchener Spieler, will ich nicht in Abrede stellen. Ein Stück weit ist das ja auch vollkommen normal und auch in Ordnung, wenn das ganze im Rahmen bleibt. Mich zumindest stört es als Spieler nicht, wenn ich von den Zuschauern des anderen Vereins bepöbelt werde. Im Gegenteil: Der nächste Zweikampf macht dann noch mal umso mehr Spaß. Gewisse Grenzen sollten jedoch einfach nicht überschritten werden. Das gilt für Spieler, wie für Trainer. Aber eben auch für Außenstehende Zuschauer. Der Schiedsrichter ist die ärmste Sau und mich wundert nach diesem Spiel nicht mehr, dass so viele Vereine ihr Soll nicht erfüllt bekommen. Ich hätte nach diesem Spiel und dem zwei Minuten im Anschluss auftretenden Facebook-Shitstorm die Schnauze voll.

Zum Schluss erlaube ich mir eine Belehrung an einige Unwissende bei Facebook, die auf Grund ihrer Unzufriedenheit mit der SR-Leistung vehement nach der Absetzung Pufahls als SR-Obmann geiferten: Um Obmann zu sein, muss man nicht der beste Schiedsrichter im Kreis sein, sondern seinen Laden im Griff haben! Es ist gewissermaßen eine (ehrenamtliche!) Verwaltungstätigkeit!


Den RSV fighteten ins Finale: 1 Abramowski – 2 Baumann (84. Weigelt), 4 Pfeiffer, 5 Awiszus, 12 Künnemann (120. Zengin) – 8 Schulz, 6 Olfen, 11 Kanz, 7 Hofmann (42. v. Malottki) – 10 Schmidt, 9 Gösch.

Büchen: 1 Hansen – 2 Schumacher, 4 Thiele, 5 Drews, 3 Nitsch – 6 Schröder (68. Pernutz), 8 Pfeiffer (78. Martel) – 7 Schuster, 10 Kraak, 11 Tastekin (84. Reinke) – 9 Ross

Tore: 0:1 Ross (12.), 0:2 Schuster (18.), 0:3 Ross (29.), 1:3 Schmidt (45.), 2:3 Kanz (52.), 2:4 Pfeiffer (54.), 3:4 Gösch (72.), 4:4 Olfen (90.+3), 5:4 Gösch (99.).

von Finn Hofmann (RSV)





Wie und wo sollen wir anfangen? Wir sind noch immer geschockt wie das Spiel gegen den RSV endete. Aber nun gut. Wir wissen, dass es weitergeht wie am Wochenende alle Mannschaften bewiesen. Nächstes Jahr wird im Pokal wieder angegriffen! Vielleicht dann auch wieder mit einer Büchener Mannschaft im Finale die dann Farbenfroh und bedingungslos Unterstützt wird.

Wir möchten uns beim Ratzeburger SV für die netten Worte über unsere Banner und Fahnen bedanken. Wir sind aber auch ein wenig verwundert über diese Worte da einige aus Büchen vor und nach dem Spiel genau wegen dieser Banner nicht gerade nett empfangen wurden. Aber wie sagt man so schön. Man sollte sich selbst an die eigene Nase fassen. Bedeutet, dass einige des Büchener Anhangs wie du schon geschrieben hast stellenweise kein besseres oder schlechteres Bild abgaben. Aber es ist nun mal passiert und wir können es nicht mehr ändern. Wir sind der Meinung das man dieses Spiel jetzt abhaken sollte und aus diesem Spiel alle drei Parteien gelernt haben sollten.

Abschließend möchten auch wir als SZENE BSSV dem RSV zum Finaleinzug gratulieren und wir hoffen, dass ihr den Pokal jetzt auch nach Hause holt! Viel Glück.
Mit Blau-Weißen Grüßen

SZENE BSSV