FOOTBALL`S COMING HOME... UNSER GELIEBTER FUßBALL AUS DEN UNTEREN LIGEN


Berichte über unseren geliebten Amateur-Fußball aus dem Herzogtum Lauenburg, der Hansestadt Lübeck und der Verbandsliga Süd-Ost... und natürlich aus dem Mutterland des Fußballs...

Samstag, 17. April 2010

Derby in Manchester - Magenumdreher forever


Nach dem Nord-London-Derby ist heute Manchester Fußball und Fußball Manchester: Im Nordwesten Englands steigt das Stadtderby zwischen City und United. Ein Duell mit langer Geschichte, unfreiwilligen Traumtoren und einem historischen Tritt für die Ewigkeit.


Am 21. April 2001 ist für Roy Keane die Stunde der Rache gekommen. Im Old Trafford, Keanes Bühne und Schlachtfeld, sind nur noch wenige Minuten zu spielen. Der Rivale aus der eigenen Stadt – Manchester City – hat ein 1:1 gehalten. Ein achtbares Ergebnis. Keane hat nicht mehr viel Zeit. Die Narbe an seinem Knie juckt. In der gegnerischen Hälfte bekommt der Ire den Ball, auf der rechten Seite lässt er einen Angreifer aussteigen. Dann taucht Alf-Inge Haaland vor dem United-Hero auf. »Alfie«, ein treues Arbeitspferd aus der City-Defensive mit einem Gesicht wie frisches Backwerk. Der Ball hoppelt Keane vom Fuß, Haaland will das Spielgerät gerade aufnehmen, da bohren sich auch schon die Stollen von Roy Keane in sein rechtes Knie. Das war kein Foul, schreibt der englische Guardian später, »das war ein Akt unbegreiflicher Brutalität – eine Knie-Amputation, auf die die IRA stolz gewesen wäre.« Willkommen in der Welt von Roy Keane, willkommen in der Geschichte des Manchester Derbys.




Haalands Karriere ist nach dem Tritt von Keane so gut wie beendet. Ein Jahr später gibt er seinen Rücktritt bekannt, bis dahin hatte er keine Partie mehr über die volle Länge spielen können. Auch wenn es letztlich eine Verletzung in seinem linken Knie ist, die die Laufbahn des norwegischen Internationalen frühzeitig beendet: Niemand zweifelt daran, dass es die Attacke aus dem Derby war, die den Fußballer Alf-Inge Haaland zerstörte.


Keanes Motiv? Blanke Rachsucht. Knapp vier Jahre zuvor war ihm in einem Zweikampf mit Haaland (der damals noch für Leeds spielte) das Kreuzband gerissen. Weil der Skandinavier dem schwer verletzten United-Mann lautstark eine Schauspieleinlage vorwarf, zertrümmerte der ihm bei der nächsten Gelegenheit das Kniegelenk. Und Fußball-England, sonst keiner saftigen Grätsche auf Hüfthöhe abgeneigt, musste zweimal schlucken, als Keane wenig später in seiner Autobiografie die Szene in blumig-bluttriefenden Worten umschrieb: »I´d waited long enough. I fucking hit him hard. The ball was there (I think). Take that you cunt. And don´t ever stand over me sneering about fake injuries. Even in the dressing room afterwards, I had no remorse. My attidude was, fuck him. What goes around, comes around. He fucks me over and my attidude is an eye for an eye.«



Bleibt noch zu erwähnen, dass Keane für diese Aussagen fünf Spiele Sperre vom entrüsteten Verband aufgebrummt bekam – nach seiner Attacke gegen Haaland waren es nur drei Partien Pause gewesen. Unzählige Male ist das Video inzwischen im Internet wiederholt worden und wiederum der Guardian brachte es auf den Punkt: »Ganz egal wie oft man sich diese Bilder anschaut, es dreht einem immer den Magen um.«


Wenn heute um 13.45 Uhr Manchester City und Manchester United zum nächsten Stadtderby aufeinandertreffen, wird man sich an den Bierständen ganz sicher wieder die Geschichte von »Killer« Keane erzählen. Die Grätsche ist längst Bestandteil der Historie beider Klubs. So viel Gewalt auf einem Haufen wird man aber nicht zu sehen bekommen, das steht fest. Die aktuelle Debatte kreist um Carlos Tevez, dem von United zu City transferierten Torjäger, und Gary Neville, dem alten Kampfferkel mit fast 400 Spielen für die »Red Devils«. Doch hier geht es nicht um Kreuzbandrisse, zerschmetterte Knie und »fucking cunts«.



Als United im September 2009 das Heimspiel gegen City für sich entschied, spurtete Neville, als Auswechselspieler, in Richtung Gästeblock, feierte wild und ließ die Anhänger der »Citizens« Gift und Galle spucken. Tevez revanchierte sich im Hinspiel des Carling-Cup Halbfinalspiels im Januar diesen Jahres und rannte seinerseits nach einem schnöden Elfmetertor provokant an der United-Bank vorbei. Was wiederum bei den Mannen von Alex Ferguson kaltes Kotzen auslöste. Weil die Polizei nun Teil drei im Hahnenkampf zwischen Neville und Tevez erwartet, wurden beide Sportler aufgefordert, ihre Emotionen zu zügeln. Zu beschwerlich sei dann die Arbeit der Ordnungshüter, die die getriezten Massen im Zaum halten müssten. Alles Kinderkacke im Vergleich zu Keane und Haaland, aber das Derby braucht nun einmal seine Reizpunkte. Wie schon so oft in seiner Geschichte.


So war es am Ende der Spielzeit 1973/74, als Denis Law, als ergrauter Veteran von United zu City gewechselt, einen wunderbaren Hackentrick im Tor seines alten Vereins unterbrachte und damit vermeintlich den erstmaligen Abstieg der »Red Devils« besiegelte. Später wurde klar, dass United auch ohne Laws Traumtor nicht mehr in Englands Eliteklasse zu halten gewesen wäre. Der Schotte aber, knapp 15 Jahre zuvor als einer der Nachfolger der so tragisch verunglückten »Busby Babes« von Manchester verpflichtet, war untröstlich.



So war es in der Saison 1989/90, als City seinen stolzesten Sieg gegen den roten Nachbarn feiern konnte: 5:1 frühstückten die Babyblauen United an der heimischen Maine Road ab, nachdem das Spiel schon nach wenigen Minuten vor einem skandalösen Abbruch stand: Dutzende Fans prügelten sich auf Tribüne und Rasen, die Mannschaften wurden kurzfristig wieder in ihre Kabinen beordert. Die City-Torschützen Trevor Morley (2), Ian Bishop und Andy Hinchcliffe kennt heute noch jedes Kind. Besonders bitter muss die Pleite für United-Angreifer Mark Hughes gewesen sein: Der erzielte das wahrscheinlich unbedeutendste Tor in der Geschichte seines Arbeitgebers – mit einem wunderschönen Fallrückzieher.


Und so war es auch an einem kalten November-Nachmittag 1993, als Eric Cantona, erst ein Jahr zuvor aus Leeds Richtung Manchester gewechselt, mit einer aufregenden Performance eine 2:0-Führung der »Citizens« in einen 3:2-Sieg verwandeln konnte. Zwei Tore erzielte der Franzose selbst, den entscheidenden Treffer schoss schließlich – Roy Keane. Womit wir wieder am Anfang der Geschichte wären.