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Berichte über unseren geliebten Amateur-Fußball aus dem Herzogtum Lauenburg, der Hansestadt Lübeck und der Verbandsliga Süd-Ost... und natürlich aus dem Mutterland des Fußballs...

Donnerstag, 4. Februar 2010

Leeds-Legende Billy Bremner - »Like a human dynamo«

Leeds United hat es ja genauso erwischt wie die „Tricky Trees“ aus den East Midlands. Die „Peacocks“ aus standen 2001 noch im Halbfinale der Champions League (Gegner FC Valencia), doch dann begann der Niedergang der Truppe aus West Yorkshire. Heute dümpelt der 3-malige englische Meister (69, 74, 92) in der Drittklassigkeit herum. Vielleicht ist ja diese Saison Schluss mit der sportlichen Talfahrt, momentan belegt man den zweiten Platz, der zum direkten Aufstieg in die Championship berechtigt. Dabei liegt Leeds immer noch auf dem 10. Platz der ewigen Tabelle der englischen Liga und steht bei der Anzahl der Ligaspiele auf dem dritten Platz.


Auch solche Clubs haben natürlich Legenden… die hatte Bochum auch… Lothar Woelk, „Ata“ Lameck, Uwe Leifeld, mein persönlicher ewiger Held! An der Elland Road hatten sie Billy Bremner (geboren 1942 in Stirling, gestorben 1997 in Doncaster). 17 Jahre kickte der Schotte bei Leeds, absolvierte 772 Spiele. Noch heute gilt der ehemalige Mannschaftskapitän als bester Spieler aller Zeiten bei Leeds United. Hier ein Rückblick auf den „Red headed Tiger“:


Manchmal muss man einfach Glück haben. Der Talentspäher, der an diesem kühlen Nachmittag im Jahr 1958 am Spielfeldrand eines Schülerspiels stand, hatte sich nicht gerade um den Job gerissen. Es gab interessantere Spiele zu beobachten, als dieser Kick zweier durch den Matsch schlingernder Jugendmannschaften. Doch sein Klub, Leeds United, wollte es so. Eine historisch gute Entscheidung, denn als nach wenigen Minuten ein kleiner rothaariger Teenager in der Mitte des Spielfeldes an den Ball kommt, ist es um den Scout an der Außenlinie geschehen. Hektisch meldet er nach seiner Ankunft in Leeds: Talent gefunden! Der gute Mann hatte soeben Billy Bremner entdeckt.




Als der gerade erst 17 Jahre alt gewordenen Bremner seinen ersten Vertrag an der Elland Road unterschreibt, hat er bereits eine beeindruckende Durststrecke hinter sich. Trotz seines offensichtlichen Talents hatten ihn die Verantwortlichen von Arsenal London und Chelsea abgelehnt. Bremner, 1942 im schottischen Stirling geboren, sei schlicht zu klein für eine Profikarriere. 20 Jahre später ist Bremner der beste schottische Fußballer aller Zeiten, die Fans verehren ihn, der Verein gießt ihn in Bronze und im »Leeds United Song« ist eine Strophe nur ihm gewidmet: »There´s a red headed tiger known as Billy and he goes like a human dynamo.«


Bremner gibt am 23. Januar 1960 sein Erstliga-Debüt für Leeds, eine Mannschaft, die zu diesem Zeitpunkt nicht gerade das Maß aller Dinge in England ist. Die noch nicht einmal in der ersten Liga mitspielt. Mit Bremner, dessen roter Haarkranz in den folgenden Jahren zu einem Markenzeichen »made in scotland« wird, gewinnt United 3:1. Von nun an gehört er zur ersten Elf von Trainer Don Revie, dessen Schicksal in der Folgezeit eng mit den Fähigkeiten des kurzbeinigen Schotten verwoben ist. Der junge Neuzugang scheint hervorragend in das Spielkonzept von Revie zu passen, in Johnny Giles, einem irischen Mittelfeldspieler, findet Bremner einen kongenialen Partner. Das dynamische Mittelfeldduo grast in den folgenden Jahren über die englischen Felder, nicht selten mit den Stollen voran. Leeds ist in den 60er Jahren so etwas wie die Detroit Pistons in der NBA Anfang der 90er-Jahre: ungenießbar, aber erfolgreich. »No one likes us, we dont care!«, singen die Fans von Millwall, eigentlich hätte der Chant besser zum Klub von der Elland Road gepasst. Bremner ist der Rodman, nur: seine Haare braucht er sich nicht rot zu färben.



FA-Cup Winner 1972 (1-0 gegen Arsenal)

1964 steigt der Verein in die höchste englische Spielklasse auf und verpasst das Double aus Meisterschaft und FA-Cup nur knapp. Leeds ist eine Marke, und Bremner ist das Markenzeichen dieser knallharten Auswahl. Man hat dem Schotten mehr als einmal vorgeworfen, dass seine Spielweise am Rande der Illegalität stehe. Darauf angesprochen, erwiderte Bremner seelenruhig: »Manche sagen, ich würde nur in die Beine treten. Aber das stimmt nicht. Meistens ist der Ball auch in der Nähe.« Ungeachtet aller nickligen Tacklings, in die sich Bremner 22 Jahre lang bedingungslos schmeißt, ist er ein Muster an Beständigkeit und Einsatzwillen, »Bremner«, sagt der englische Fußballjournalist John Helm, »wäre die Elland Road sicherlich auch mit gebrochenen Beinen hoch gelaufen, nur um seine Mannschaft aufs Feld zu führen.« Seit sich im Oktober 1965 der etatmäßige Mannschaftsführer Bobby Collins während eines Messepokalsspiels gegen den AC Turin den Oberschenkel gebrochen hat, trägt »King Billy« die Binde. Eine weise Entscheidung von Trainer Don Revie, dessen verlängerter Arm Bremner bereits seit Jahren ist. »Er war der beste Kapitän, den die Liga je gesehen hat«, erinnert sich sein ehemaliger Mitspieler Mick Jones.



Der »Captain of the crew« führt United 1968 zum Gewinn des Messepokals, dem Vorgänger des heutigen Uefa-Pokals. Im Finale reicht ein 1:0-Sieg im Hinspiel an Elland Road gegen die ungarische Vertretung von Ferencvaros Budapest, um die größte Party anzuzetteln, die die Stadt seit der Kapitulation Nazi-Deutschlands je gesehen hat. An vorderster Freund: Billy Bremner. Als schottischer Fußballer vereinnahmt er fast schon kitschig beide Klischees auf vorbildliche Art und Weise. Seine Trinkfestigkeit wird ihm Jahre später zum Verhängnis: 1975 geht Bremner mit den Kollegen Willie Young, Joe Harper, Joe McCluskey und Arthur Graham nach dem Länderspiel gegen Dänemark auf große Sauftour in Kopenhagen. Die Schotten verweisen auf ihre stolze Trinkerherkunft und zerlegen anschließend das besuchte Lokal in seine Einzelteile. Bremner und seine Mitspieler werden 1976 lebenslang für die schottische Auswahl gesperrt, das Urteil wird später auch nach lauten Protesten in der Heimat nicht aufgehoben. »King Billys« Karriere in der Nationalmannschaft endet nach 54 Länderspielen mit einem Skandal.


1969 ist Bremner noch fester Bestandteil der heimischen Auswahl. Seinen Klub hat er an die Spitze der englischen Liga geführt. Erstmals seit der Gründung 1904 hat der Verein die Meisterschaft gewonnen. Bremner und der Rest des legendären 68-er Kaders vollbrachten das Kunststück von 42 Partien nur zwei zu verlieren. In den folgenden Jahren bleibt Leeds fester Bestandteil der englischen Ligaspitze, 1974 gewinnt der Klub erneut die Meisterschaft. Die Rekordserie von 29 ungeschlagenen Spiele hintereinander wird erst 2004 vom FC Arsenal übertroffen. Im gleichen Jahr ist Bremner mit seinen schottischen »Lions« bei der Weltmeisterschaft in Deutschland zu Gast. Am Ende fehlt den überraschend stark auftretenden Schotten nur ein Tor zur Teilnahme an der Hauptrunde. In der ersten Finalrunde bleibt die Mannschaft um Bremner, Law und Dalglish gegen Brasilien (0:0) und Jugoslawien (1:1) ungeschlagen, die Demokratische Republik Kongo kann mit 2:0 besiegt werden. Ein Tor mehr, und das Los hätte entschieden. Schottland verabschiedet sich von der WM 74, ohne ein Spiel verloren zu haben. Der spätere schottische Nationaltrainer Craig Brown sagt rückblickend: »Mit elf Billy Bremners hätte Schottland auch Brasilien geschlagen.«



Zwei Jahre später endet Bremners Karriere bei Leeds United. Nach 772 Pflichtspielen und über 100 Toren wechselt Bremner für vergleichsweise lächerliche 35.000 Pfund Ablöse zu Hull City, später hängt er noch drei Jahre bei den Doncaster Rovers dran, die Erfolge mit Leeds kann er nicht wiederholen. Als Bremner geht, weint ganz Leeds, und auch der kantige Schotte bleibt nicht unberührt: »Every time Leeds concede a goal I feel like I´ve been stubbed in the heart.«. Bereits bei den Rovers steigt Bremner ins Trainergeschäft ein. Zunächst als Spielertrainer, später nur noch an der Außenlinie, lassen sich seine mageren Erfolge nicht mit den glanzvollen Siegen seiner aktiven Karriere vergleichen. 1991 beendet er sein Dasein auf der Trainerbank.


Zwei Tage vor seinem 55. Geburtstag, am 7. Dezember 1997, erleidet William Bremner, den alle Welt nur »Billy« nannte, einen Herzinfarkt. Die Ärzte im Krankenhaus von Doncaster können nichts mehr für ihn tun. Auf seiner Beerdigung wird seine Hymne angestimmt, eine urschottische Stimme singt aus brodelnder Kehle: »His name was Billy Bremner, we will never forget his name!«