Die weltweite Kredit- und Finanzkrise hat auch Auswirkungen auf den europäischen Fußball: vor allem in der englischen Premier League, wo viele Klubs internationale Gönner haben. Ein Bericht aus dem Krisengebiet.
Derartige Textilprobleme häufen sich auf der Insel. Die Kreditkrise hat sich hier bereits in eine ausgewachsene Rezession verwandelt, und der von internationalen Investoren und Gönnern kontrollierte englische Fußball bekommt die Konsequenzen deutlich zu spüren. Vor dem Liga-Match gegen West Bromwich am Samstag musste der Zeugwart von West Ham über Nacht das XL-Logo des Sponsors mit Stoffflicken übernähen: Das Touristikunternehmen war kurz zuvor Pleite gegangen. 85 000 in aller Welt gestrandete Flugpassagiere mussten zurück auf die Insel gebracht werden. »Das Timing war unglücklich«, sagte West Hams Finanzdirektor Nick Igoe, »aber wir waren darauf vorbereitet und haben bereits Anfragen von anderen Firmen erhalten.« Jene gut fünf Millionen Euro, die XL Holidays dieses Jahr an den Klub hätte zahlen sollen, würden nicht signifikant zu Buche schlagen: »Wir sind finanziell exzellent aufgestellt.«
Wirtschaftsexperten sind da nicht so sicher, denn die Details des Bankrotts bergen Brisanz. XL gehörte vor der Übernahme durch englische Unternehmer dem isländischen Milliardär Bjorgolfur Gudmundsson. Mit einer Garantie in Höhe von 207 Millionen Euro garantierte eine seiner Firmen den Käufern das Darlehen für die Kaufsumme, und eine von Gudmunssons Sohn geführte Bank unterstützte XL mit einem weiteren Kredit von 45 Millionen Euro. Insgesamt dürften die Gudmundssons 250 Millionen Euro, gut ein Zehntel ihres Vermögens, verloren haben. Keine guten Zahlen, besonders nicht für West Ham: Gudmundsson ist auch der Eigentümer des Klubs.
Schon zuvor waren die Hammers mit einer für englische Verhältnisse knauserige Transferpolitik aufgefallen. Der bei den Fans unbeliebte Trainer Alan Curbishley warf jetzt entnervt hin, und sein Nachfolger, der Italiener Gianfranco Zola, hat wenig Erfahrung und wohl noch weniger Geld für Einkäufe im Winter. Noch dramatischer ist die Lage bei Newcastle United. Der Traditionsklub wird zwischen Dubai und Hongkong allen möglichen Milliardären zum Kauf angeboten, denn Sportartikelhändler Mike Ashley hat sich mit der 167 Millionen Euro-Übernahme vor einem Jahr übernommen und will nach Fan-Protesten schleunigst flüchten. »Ich habe weitere 135 Millionen Euro für die Schuldentilgung aufgebracht, aber der Verein muss noch Transfers aus früheren Jahren abbezahlen", ließ er verlauten, »wenn das so weitergeht, bin ich bald pleite, und Newcastle geht unter.«
Nach dem Rücktritt von Kevin Keegan steht der Klub ohne Trainer da, und wenn es nach ein paar Politikern geht, bald auch ohne Trikotsponsor. Die Hypothekenbank Northern Rock war im Februar der Kreditkrise zum Opfer gefallen und wurde verstaatlicht. Der Sponsorenvertrag über 6,25 Millionen Euro im Jahr behielt jedoch Gültigkeit. Im Prinzip kommt also der britische Steuerzahler für Newcastles Trikotwerbung auf. Und auch die US-Bürger sind nach der Rettung von AIG zu unfreiwilligen Investoren in der Premier League geworden. 80 Prozent des Versicherers gehören nun der Notenbank.
Umgerechnet auf den Sponsorenvertrag mit United subventionieren die USA damit die Gehälter von Cristiano Ronaldo und Wayne Rooney mit über 14 Millionen Euro im Jahr. Dass der FC Liverpool in der Champions League mit blanker Brust auftrat, hat übrigens nichts mit der Wirtschaftskrise zu tun: Werbung für Alkohol ist in Frankreich verboten. Mit einer Brauerei auf dem Trikot müssen sich die Roten aber nicht allzu sehr um die Konjunktur sorgen. Bierkonsum ist auf Insel relativ rezessionsresistent.