Nicht normal - Lazio-Stürmer Miroslav Klose hat im Spiel gegen den SSC
Neapel ein mit der Hand erzieltes Tor beim Schiedsrichter zugegeben. Italien
feiert die Fairness des Deutschen jetzt wie eine Heldentat. Zu Recht.
Lazio-Stürmer Miroslav Klose hat im Spiel gegen den SSC
Neapel ein mit der Hand erzieltes Tor beim Schiedsrichter zugegeben. Italien
feiert die Fairness des Deutschen jetzt wie eine Heldentat. Zu Recht. Und dann hauten sie so lange und heftig auf ihn ein, dass
man Angst um Miroslav Klose haben musste. Fünf Minuten war die Serie-A-Partie
zwischen dem SSC Neapel und Lazio Rom alt, als sich der deutsche
Nationalstürmer den Klopfern auf Schulter und Kopf erwehren musste. Von überall
her kamen Hände von Männern um Neapel-Trikot, sie wollten Klose nicht grün und
blau schlagen, sie wollten ihn tätscheln, liebkosen, ihm ihren Respekt entgegen
bringen. Miroslav Klose hatte sich soeben ein Denkmal im italienischen Fußball
gesetzt. Stürmer schaffen das in Italien normalerweise durch Tore. Viele Tore.
Wie sie fallen, warum sie fallen, ist eigentlich egal. Ein Schlitzohr wie Pippo
Inzaghi, der sich schon vom schlechten Atem seiner Gegenspieler fallen ließ, um
einen Elfmeter zu schinden, wurde in Italien wie ein Halbgott verehrt. In
England hätte man Inzaghi vermutlich nach wenigen Wochen über den Kanal zurück
auf den Kontinent gejagt. Umso begeisterter ist Italiens Fußball nach dem Vorfall
vom gestrigen Abend.
In der 3. Minute hatte Klose das getan, wofür er von Lazio
Rom bezahlt wird: Er erzielte ein Tor. Allerdings nicht mit dem Kopf, dem Fuß
oder mit dem Hintern, Klose hielt seinen Arm in einen Eckstoß und bugsierte den
Ball so ins Tor. Der Schiedsrichter hatte das Handspiel nicht erkannt, er
entschied auf Tor. Neapel rastete aus. Wütende Spielertrauben bedrängten
wahlweise die Schiedsrichter oder Miroslav Klose. Es wird Kloses Geheimnis
bleiben, ob er sein Fehlverhalten ohnehin zugeben wollte, oder sich erst von
den rustikalen Nachfragen der Gegenseite dazu genötigt fühlte, in jedem Fall meldete sich der Deutsche beim Schiedsrichter und bat ihn,
das Tor nicht zu geben.
Moralapostel werden jetzt sagen: Was hätte Klose
auch sonst tun sollen? Und ja, in einer perfekten Welt wollen Stürmer keine
Tore mit der Hand erzielen, wollen Abwehrspieler den gegnerischen Spielmacher
nicht verletzen und liegen sich Fans beider Seiten freudetrunken in den Armen.
Das das nicht so ist, weiß inzwischen wohl auch der letzte Fußballignorant.
Kloses Fairness ist deshalb nicht hoch genug einzuschätzen. In einer vom
jahrelangen Beschiss arg gebeutelten Serie A, einst die beste Liga der Welt,
kommt sein Geständnis beim Schiedsrichter einer Heldentat gleich. Auch deshalb
hauten sie anschließend wie wild auf Kloses Kopf und Schultern ein – um ihm zu
gratulieren. Wohl nur die allerwenigsten Stürmer im Profifußball hätten die
Courage, beim Stand von 0:0 ein eigenes Tor aberkennen zu lassen. Lazio verlor
anschließend übrigens noch mit 0:3.
Das Ergebnis interessierte nach dem Spiel allerdings nur
die Lazio-Fans. der Rest des Landes feierte Miroslav Klose. »Dafür verdient er
einen Preis«, forderte Neapels Kapitän Paolo Cannavaro direkt nach dem
Schlusspfiff. »Bravo Klose, was für eine schöne Geste!«, titelte die »Gazetto
dello Sport« enthusiastisch. Der Fairnesspreis ist Klose wohl nicht mehr zu
nehmen. Dass sich der ehemalige WM-Torschützenkönig auch damit auskennt, zeigt,
wie erfahren Klose längst ist – selbst in Sachen Fairness. Schon 2005 bat er
den Schiedsrichter beim Spiel Werder Bremen gegen Arminia Bielefeld einen
Elfmeter zurückzunehmen. Damals allerdings führte Kloses Klub Werder schon mit
3:0, das Spiel war entschieden und einige Beobachter fragten sich anschließend,
ob Klose auch beim Stand von 0:0 so ritterlich gehandelt hätte.
Solche Nachfragen bleiben Klose jetzt sicherlich erspart.
Italiens Fußballfans sind dankbar für jede Geste, die dem so angekratzten
calcio ein Stück seiner selbst verursachten Hässlichkeit nimmt. Das sah denn
auch die »Gazetto dello Sport« so: Im »kranken Fußball«, so das Massenblatt,
sei Klose »eine Anomalie«. (Quelle: 11freunde)