Der Amateurklub FC
Guernsey hat 17 Spiele in 29 Tagen
Die Spieler vom britischen Amateurklub FC Guernsey stehen
vor echten englischen Wochen. Im April muss der Klub insgesamt 17 Spiele bestreiten.
Eine Insel wappnet sich für die stressigsten Tage des Jahres. Doppelbelastung! Über dieses Wort lachen sie sich auf der
britischen Kanalinsel Guernsey schon seit geraumer Zeit kaputt. Und wenn in
diesen Tagen Profis, Trainer und Manager über die Zweifach-Belastung von
Ligafußball und internationalem Wettbewerb ächzen, über zwei Spiele pro Woche
jammern und über mangelnde Regenerationszeiten fabulieren, dann kramen sie im
17.000-Einwohner Städtchen Saint Peter Port einfach einen Zettel hervor. Auf
dem steht der Spielplan des dortigen Fußballklubs FC Guernsey für den Monat
April. Dort stehen 17 Spiele. In 29 Tagen. Doppelbelastung? Lächerlich! Man
kann nur ahnen wie viel Geduld die Frauen, Freundinnen und Familien der
Guernsey-Spieler in diesem Monat aufbringen müssen, wenn ihre Männer mal wieder
keine Zeit haben, um nach Feierabend ins Kino zu gehen oder endlich das
undichte Dach zu reparieren. Sie müssen Fußball spielen. In der Combined
Counties Football League. Neunte Liga. Ganz unten.
»Als ich das erstes Mal unsere Spielansetzungen für den
April gesehen habe, dachte ich: ›Das muss ein Fehler sein‹«, sagte Guernsey
Co-Trainer Colin Fallaiz vor einigen Tagen der BBC. Doch es war kein Fehler –
und leider auch kein Witz. Und so müssen die Grün-Weißen in den kommenden Tagen
nahezu jeden Abend die Töppen schnüren. Weltweit einmalig. Dass der FC Guernsey
ein besonderer Klub ist, merkt man bereits auf den ersten Blick. Der erste
Vorsitzende des Vereins ist immerhin Guernseys berühmtestes Kind: die
Premier-League-Legende Matt Le Tissier. Die Website des Klubs ist zudem
professioneller als von so manchem Zweitligisten, die Spiele werden live bei
Facebook und Twitter getickert und auch in Sachen Marketing geht der Klubs
mordernste Wege: Jeder Spieler hat einen eigenen Privat-Sponsor. Autohäuser,
Tankstellen, Möbelgeschäfte – sie alle finanzieren den Amateurklub von der
Insel, der erst seit zwei Jahren am regulären Spielbetrieb teilnimmt. Das
Problem ist also keinesfalls die Struktur des Vereins und wohl nicht einmal der
Umstand, dass der Inselklub zu Auswärtsspielen mit Schiffen und Flugzeugen
reisen muss, sondern der eigene Platz. Denn das Footes Lane Stadium ist im
wahrsten Sinne des Wortes ein Drecksloch, das vom Schnee, Regen und Wind der
letzten Monate vollkommen gesetzt wurde. In der Hinrunde ist nahezu jedes
Heimspiel des Klubs ausgefallen, zudem kam der Klub in einem Pokalwettbewerb
sogar überraschend bis ins Halbfinale. Diese Umstände führten dazu, dass alle
Heimspiele nun im April nachgeholt werden müssen. In den 17 Spielen ist der FC
Guernsey zehn Mal Gastgeber. Am Wochenende wird ab sofort drei Mal gespielt.
Freitag, Samstag, Sonntag. »Was wir da vor uns haben, ist irgendwie beängstigend«,
sagt Fallaiz weiter. »Zwei Tage ohne Guernsey-Spiel?«
Die Fans hingegen nehmen die wohl einmalige Situation
ihres Klubs mit Humor. Ein Anhänger twitterte etwa: »Zwei Tage ohne ein
Guernsey-Spiel? Ich könnte mir 140 Spiele im April angucken. Los geht's.« Der
Klub selbst verkündete jüngst, extra für englischsten aller englischen Wochen
einen Ex-Profi aus der Premier League auf die Insel gelockt zu haben. Doch
während sich auf dem kleinen Eiland bereits die wundervollsten Namen zugeraunt
wurden, war schnell klar, dass es sich um einen Aprilscherz handelte. Trotz der
Mehrfachüberlastung peilt der Klub aber nach wie vor den Aufstieg an. Derzeit
liegt man auf Platz 6 hat aber auch bis zu 13 Spiele weniger als die
Konkurrenz. Immerhin, der Auftakt in den Stressmonat April verlief für den FC
Guernsey positiv. Gegen den Tabellennachbarn Windsor gab es am 1. April einen
klaren 6:1-Auswärtssieg. Zudem holte der Klub unter Woche kurzfristig
noch sieben neue Spieler in den Kader. Am Wochenende folgen nun die nächsten
drei Spiele auf der anstehenden Ochsentour. Und sollte irgendwo tatsächlich die
Mär von der Doppelbelastung bemüht werden, dann holen die Jungs aus Guernsey
einfach wieder ihre Zettel raus. Auf denen steht: 17 Spiele. In 29 Tagen. Und
ganz klein vielleicht auch: Shut the fuck up! (Quelle: 11freunde)