Er galt als einer der größten Torhüter aller Zeiten, sein
Leben bot genügend Stoff für einen Hollywood-Film. Dennoch wurde er in seiner
Heimat lange ignoriert. Nun ist Bernd Trautmann im Alter von 89 Jahren gestorben.
Ein Nachruf.
Der Torwart, der trotz Genickbruch weiterspielte. Ein Held. Der Ausdruck von Willenskraft und Mannhaftigkeit. Ein echter Kerl. Für viele war Bernd Trautmann genau das. Oder anders gesagt: Für viele war er ausschließlich das.
Das hat Bernd Trautmann immer gestört, denn eigentlich war der Hüne aus Bremen Zeit seines Lebens mehr als eine skurrile Randnotiz aus den Frühzeiten des englischen Profifußballs. Er war ein Vorbild. Sportlich, na klar. Aber vor allem: menschlich. »Hätte ich gewusst, wie schlimm die Verletzung war, wäre ich sofort rausgegangen«, hat er mal in einem Interview mit 11FREUNDE erzählt. Damals saß ein in sich ruhender Mann auf der Terrasse seines kleinen Bungalows in La Llosa bei Valencia. Dabei blickte er auf das Meer, nahm einen Schluck kaltes Bier und sprach von seinem Leben. Er redete nicht gerne über sich, dabei hatte er mehr zu erzählen als gesamte Fußballergenerationen nach ihm.
Das ist seiner Heimat lange Zeit entgangen, weil man
hierzulande gerne mit anderen Dingen beschäftigt ist. Mit den Helden von Bern.
Mit der Bundesliga. Mit sich selbst. Nachkriegsdeutschland war wohl zu stolz,
um den Blick zum Erzfeind nach England zu richten, wo ein Mann aus Bremen vom
Kriegsgefangenen zum besten Torwart der Welt wurde. Seine Erfolge in England
waren in deutschen Zeitungen allenfalls Randnotizen. In Berichten des »Sport
Magazin«, dem Vorgänger des heutigen »Kicker«, nannte man Trautmann konsequent
»Gerd«. Mehr muss man wohl nicht sagen.
In Manchester ist er ein Held für die Ewigkeit. Bis
zuletzt kamen Tausende zu den Autogrammstunden von »Traut the Kraut«, als sein
Klub Manchester City ihm einst die Ehrenkarte entziehen wollte, gingen die Fans
auf die Barrikaden. 2007 wählten sie ihn zum besten ManCity-Spieler aller
Zeiten. Nachdem er in England zum Helden geworden war, arbeitete er als
Entwicklungshelfer für den DFB, trainierte in Burma, Liberia und Pakistan. Er
liebte den Fußball und bewies Mut, wo andere ihre Legende verwaltet hätten.
»Es gab nur zwei Weltklasse-Torhüter. Einer war Lew
Jaschin, der andere war der deutsche Junge, der in Manchester spielte –
Trautmann«, hat Lew Jaschin einmal gesagt. Als Trautmann den Übertorwart aus
Russland einst persönlich traf, hat er sich ein Autogramm geholt. Wie ein
kleiner Schuljunge. So war Trautmann. Er war keiner für das Rampenlicht.
2008 entdeckte ihn dann auch der DFB und verlieh ihm die Ehrennadel.
Bereits 1997 hat er das Bundesverdienstkreuz bekommen. Endlich, denn immerhin
hat Trautmann mehr für das deutsch-englische Verhältnis getan als die Scharen
an Politikern, die sich in Jahrzehnten daran versuchten. Weil er das Talent
besaß, Demut zu zeigen. So einen Deutschen kannte man auf der Insel nicht. Wenn
andere krakeelten, hielt Trautmann die Klappe, bedankte sich freundlich und
lächelte. Manche nennen das Schüchternheit, andere: Größe. Seit seiner Kindheit
litt Trautmann unter Minderwertigkeitskomplexen, sein Kühlschrankkörper diente
ihm als Schutzmantel gegen gegnerische Tritte – und gegen das Leben, das
so viele Falltüren für ihn bereithielt.
Zwei Infarkte hatte Bernd Trautmann in diesem Jahr bereits
überstanden. Am Freitag klagte er über Herzrasen und Atemnot, wenig
später starb in seiner spanischen Wahlheimat bei Valencia. Stunden danach
legten Fans von Manchester United einen Kranz vor das Stadion des Erzfeindes
Manchester City. Darauf stand: »Quite simply, the greatest Goalkeeper of all
times. R.I.P!« Ein Zeichen, das zeigt: Bernd Trautmann war mehr als der
Torwart, der trotz Genickbruch weiterspielte. (Quelle: www.11freunde.de)